1.Grundlagen für die Anwendung der klassischen Homöopathie
In der klassischen Homöopathie werden nicht vorrangig Symptome behandelt, sondern der Mensch als Einheit von Körper, Seele und Geist, auch in der Ganzheit mit seiner Umwelt, mit seinen sozialen Kontakten. Selbstverständlich wird der „klassisch“ arbeitende Homöopath seine Behandlung immer im Zusammenhang mit einer ausgewogenen Lebensführung sehen und sich gegebenenfalls auch weiterer ergänzender Heilverfahren bedienen.
Homöopathen nehmen sich beim Erheben der Vorgeschichte viel Zeit, um Ursachen schwer beeinflussbarer Störungen aufzudecken und gemeinsam mit dem Betroffenen so weit wie möglich zu bewältigen. Neben den Auswirkungen von körperlichen Eingriffen wie z. B. Impfungen, Operationen und Unfällen, werden auch die psychischen und sozialen Probleme erfragt:
Bei dem Einen sind es Probleme in der Arbeit, in der eine ständige Drucksituation zu einer Belastung führen kann. Bei einem Anderen sind es vielleicht Partnerprobleme, die so sehr belasten, dass die Nächte durchwacht werden. Stresssituationen entstehen auch durch Umzug in eine andere Stadt, verbunden mit dem Abreißen sozialer Bindungen, mit der Notwendigkeit neuer Kontakte, einen neuen Freundeskreis aufzubauen.
Bei Kindern ist es vielleicht der erste Besuch im Kindergarten, der Schulbeginn oder der Wechsel von der Grundschule in das Gymnasium. Sie müssen sich dort auf viele neue Bedingungen einstellen, auf ungewohnte Räume, andere Bezugspersonen, andere Klassenkameraden, die sie umgeben. Für manche Kinder sind das sicher keine Probleme, andere, sensiblere Naturen, reagieren darauf empfindlicher. Sie haben z.B. morgens Bauchschmerzen, bevor sie aus dem Haus gehen oder finden nur unruhigen Schlaf. Es kann soweit gehen, dass diese Kinder beim Frühstück weinen und keine Lust haben, aus dem Haus zu gehen.
Solche Disharmonien stören unsere Lebenskraft und unser Körper reagiert mit unterschiedlichen Beschwerden. Diese nehmen wir oft genug nicht ernst und versuchen, über sie hinwegzusehen.
Hier wäre es gut, die Situation zu erkennen, sie richtig einzuschätzen und mittels der klassischen Homöopathie helfend einzuwirken. Denn diese kann steuernd und regulierend eingreifen und die für die Selbstheilung des Organismus notwendigen Kräfte entfalten.
An der Wirksamkeit der Homöopathie kann nach langjähriger Bewährung kein begründeter Zweifel mehr bestehen. Der exakte Nachweis ihrer Wirkungsweise befindet sich noch in der Forschung, ist meines Erachtens nicht notwendig. Kaum ein Heilverfahren kann auf eine so lange Geschichte und damit praktische Signifikanz zurückblicken.
Das Wirkungsprinzip der klassischen Homöopathie
Die Gabe einer kleinen Dosis einer ausgewählten, im Erscheinungsbild der Krankheit ähnlichen Substanz, führt durch die Auseinandersetzung des Organismus mit diesem gesetzten Reiz zu einer Anregung der Selbstheilungskräfte. Durch diese Auseinandersetzung wird der Organismus unterstützt, die Krankheit aus eigener Kraft zu überwinden – selbstverständlich sofern die vorhandene Lebenskraft dazu ausreicht.
Darauf ist später noch ausführlicher einzugehen.
Arbeitsschritte in der homöopathischen Praxis
Wenn Sie eine klassisch-homöopathische Praxis aufsuchen erleben Sie Arbeitsschritte mit, die in folgenden Beiträgen im Detail besprochen werden:
– Eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte – Anamnese
– Die Hierarchisation, also das Ordnen der Anamnese und Repertorisation, das Aufsuchen der Symptome in entsprechenden Büchern, sowie
– Ein ausführliches Studium der Materia Medica, der Arzneimittellehre.
Diese Schritte sind notwendig, um ein Mittel zu finden, dass in der Arzneimittelprüfung beim Gesunden ähnliche Erscheinungen hervorruft, die es beim Kranken heilen soll.
Zur Abgrenzung der klassischen Homöopathie von ähnlichen Verfahren
In der Homöopathie gibt es unterschiedliche spezielle Verfahren, die von der klassischen Homöopathie zu unterscheiden sind:
„Komplexmittelhomöopathie“ bedeutet die Verordnung von Gemischen, die mehrere Einzelmittel in unterschiedlichen Potenzen (Verdünnungsgraden) mit einer ähnlichen Wirkungsrichtung enthalten. Nicht selten findet man ein Gemisch bis zu 20 und mehr Einzelmitteln in einer Flasche oder Tablettenpackung vereint. Die Verschreibung erfolgt nach medizinischen Diagnosen im Sinne eines Schrotschussprinzips – ein oder einige Mittel davon werden schon treffen.
Der Umsatz solcher Komplexmittel geht gut. Die Verordnung ist schnell gemacht – aber der kranke Mensch wird nicht in seiner Gesamtheit und Individualität erfasst. Hohe oder auch tiefe Potenzen können, bei so vereinfachter Anwendung, in bestimmten Fällen sogar nicht unbedenklich sein.
„Biochemie nach Schüßler“ wurde 1873 als eine „abgekürzte homöopathische Therapie“ veröffentlicht. Schüßler vertrat die Meinung, dass 12 anorganische Stoffe ausreichen, um eine breite Palette von Beschwerden zu behandeln. Später erfolgte eine Erweiterung um 12 biochemische Ergänzungsmittel und 11 biochemische Salben, eine Folge von weiteren Mittel ist denkbar. Er ging davon aus, dass im Krankheitsfall ein Defizit eben an diesen Stoffen eintritt und das die fehlenden Stoffe zu ergänzen, zu substituieren sind. In der Hand eines Fachmanns zeigen sich einige brauchbare Möglichkeiten für die Anwendung dieses Verfahrens. Auch bei diesem Konsum von Arzneimitteln, die oft in Mehrfachkombiation
(3 und mehr Mittel mehrmals am Tag) eingenommen werden, kann es zu Empfindlichkeitsreaktionen kommen.
„Isopathie“ bedeutet Behandlung durch „Gleiches mit Gleichem“, zum Beispiel werden Präparate von Masernerregern potenziert bei Masern angewendet. Diese Vereinfachung umgeht ebenfalls die ausführliche Krankengeschichte und ihre entsprechende Auswertung bei der Mittelwahl.
Hier einzuordnen sind die Eigenblut- und Eigenharntherapie, als mögliche Varianten einer isopathischen Anwendung. Sicher sind damit positive, umstimmende Effekte zu erreichen. Eine konstitutionelle Behandlung ersetzen sie aber nicht.